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CAMMP

Bericht über die CAMMP week 2013

01. August 2013 | von

Natürlich fand auch im Jahr 2013 wieder die CAMMP week in Belgien statt, doch anstelle eines eigenen Berichts der Organisatoren wollen wir an dieser Stelle einen teilnehmenden Lehrer sprechen lassen. Dr. Martin Janßen, der mit 6 seiner Schülerinnen und Schülern vom Friedrich-Wilhelm-Gymnasiumin Köln nach Voeren anreiste, hat kurz nach der CAMMP week 2013 seine Erfahrungen und Beobachtungen in einem Artikel nieder geschrieben.

Eine Woche Mathematische Modellierung: CAMMP 2013 der RWTH Aachen Universität mit Schülerinnen und Schülern des FWG
„Mathematisches Modellieren“ klingt für die meisten Zeitgenossen sicher „uncool“ und viele können keine Vorstellung damit verbinden.
Dabei beherrscht mathematisches Modellieren längst unseren Alltag: Überall in Industrie, Wirtschaft und Verwaltungen werden Fragestellungen („Probleme“) quantitativ angegangen und mit mathematischer Akribie in Produkte, Zeitpläne und Richtlinien verwandelt, die unsere Gesellschaft auf Trab halten. Wie das genau von statten geht, erfährt man in der Schule eher selten; dafür sind die Fragestellungen häufig zu komplex und Fächer übergreifend. Aber darin liegt natürlich auch der Reiz solcher Probleme.

Die von drei Arbeitsgruppen der RWTH Aachen organisierte CAMMP Week (Prof. Dr. Martin Frank, Dr. Christina Roeckerath, Prof. Dr. Ahmed E. Ismail und Dr. Nicole Faber) gibt Schülerinnen und Schülern der Oberstufe mit Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit, im Rahmen einer intensiven Projektwoche die Grundlagen der mathematischen Modellierung anhand von praktischen Beispielen zu erlernen. Die Fragestellungen sind dabei „real“ und betreffen aktuelle Probleme in Industrie, Wirtschaft und Hochschulforschung.

DSC_0037-2In diesem Jahr hatten erstmals auch sechs Schülerinnen und Schüler des FWG die Möglichkeit, mit ca. 50 weiteren Schülerinnen und Schülern mitzumachen.
Es gab sieben Gruppen mit jeweils einer Fragestellung, an deren Lösung fünf Tage intensiv gearbeitet wurde. Unsere Schülerinnen und Schüler waren an sechs unterschiedlichen Gruppen beteiligt. Jede Gruppe wurde von einem erfahrenen Doktoranden der RWTH Aachen und zwei zugewiesenen Lehrkräften betreut. Am Freitag haben alle Gruppen ihre Ergebnisse im Gebäude Super C der RWTH Aachen einem größeren Publikum mit Vertretern der Aufgabensteller präsentiert.

Die Fragestellungen hatten es in sich:
• Entwickle eine einfach zu bedienende lernfähige Thermostat-Ventilsteuerung für Haushalte.
• Entwickle eine optimale Fahrkurve für Fahrstuhlbewegungen, die für vielfältige Situationen möglichst schnell und möglichst komfortabel verlaufen sollen.
• Entwickle eine Temperaturregelung für den Heizkopf eines Bohrgerätes, das sich für Bodenuntersuchungen durch Eisschichten bohrt, wobei die Grenzlinie zwischen aufgeschmolzenem und gefrorenem Eis nicht beliebig verlaufen darf.
• Finde heraus, wie man Textilien für Verbundwerkstoffe möglichst faltenfrei über Oberflächen drapiert.
• Entwickle eine Methode der akkuraten Außen-Temperaturmessung aus Temperaturmessdaten innerhalb eines Mehrzweck-Handmessgerätes.
• Entwickle eine Software für eine möglichst optimale Lagerhaltung für ein Online-Versandhaus mittlerer Größe.
• Entwickle eine computergestützte Methode, optimal passende Knochenteile z.B. von der Hüfte eines Patienten für eine Kiefertransplantation auszuwählen

Wie in Industrie und Forschung werden solche Aufgaben im Team bearbeitet. Zur Lösung mussten die Schülerinnen und Schüler die Fragestellungen in quantitativ berechenbare Modelle umwandeln – mit Vereinfachungen, die das Problem mathematisch handhabbar machen, aber ohne dabei das eigentliche Problem zu verpassen. Dazu wurden mathematische Methoden wie das Aufstellen von Funktionen und das Ausnutzen mathematischer Beziehungen verwendet, so dass Lösungen über Berechnungsalgorithmen oder Computersimulationen erzielt werden konnten. Diese hohe Kunst des Modellierens kennen zu lernen und dabei die Scheu vor komplexen Aufgaben zu verlieren, war das wichtigste Ziel unserer Exkursion CAMMP 2013 im Rahmen der Schulprojektwoche.

 

DSC_1049-300x200Wir sind am Sonntag, dem 7. Juli 2013, zur Jugendherberge in Voeren (Belgien) angereist, wo die Schülerinnen und Schüler nach dem Abendbrot schon in Gruppen eingeteilt wurden und eine Aufwärmaufgabe bekamen. Aus den Materialien in einer Tüte (2 Telefonbücher, Holzspieße, Tesafilm, Luftballons) sollte jede Gruppe in 40 Minuten einen möglichst hohen Turm basteln, der ein volles Glas Wasser auf seiner Spitze tragen kann. Tatsächlich kamen erstaunliche Höhen bis zu 1,60 m zustande. Schon bei dieser Aufgabe lernten sich die Gruppenmitglieder kennen und mussten sich abstimmen und sowohl arbeitsteilig als auch koordiniert vorgehen.

Am Montag morgen erhielten wir alle unsere spezielle Problemstellung für die Woche und auch die Lehrkräfte wurden den Gruppen zugeteilt. Ab 10:30 Uhr ging es dann mit der Gruppenarbeit los, die nur von den Mahlzeiten und einem längeren Spaziergang am Mittwoch Nachmittag unterbrochen wurden. Für die Lehrerinnen und Lehrer war es sehr interessant zu erfahren, wie die Schülerinnen und Schüler an ihre Probleme herangeführt wurden. Am ersten Tag konnten die Schüler nach einer kurzen Erläuterung der Fragestellung auf sich gestellt nur grobe Ideen und Fragen entwickeln; dabei gab es kaum Beeinflussung von den Betreuern. Die Schülerinnen und Schüler hatten dabei häufig das Gefühl „kein Land in Sicht“ zu haben; aber so fingen sie an, unterschiedliche Ideen und Fragen zu entwickeln, die bei einer stärkeren Anleitung vielleicht nie entstanden wären. Am Dienstag moderierten die Betreuer dahingehend, dass Ziele formuliert und Arbeitsaufträge für Teilgruppen abgesteckt wurden.

DSC_1081Bei inhaltlich mathematischen Fragen standen die Betreuer, Lehrkräfte, Bücher und das Internet zur Verfügung. Regelmäßig berieten die Gruppen, welchen Stand sie haben und welche Teilaufgaben als nächstes verfolgt werden. Am Mittwoch wurde auch noch abends und donnerstags bis tief in die Nacht hinein gearbeitet.

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Während sich einige noch mit der Programmierung beschäftigten (alle verwendeten die effiziente Programmiersprache MATLAB – viele haben zum ersten Mal programmiert), haben andere schon an dem Bericht und der Präsentation gearbeitet. Bericht und Präsentation wurden mit dem Textverarbeitungsprogramm LaTeX erstellt, das für mathematische Formeln und professionelle Formatierung besonders geeignet ist. Auch diese Fertigkeit haben sich die meisten hier erstmals „so nebenbei“ angeeignet.

 

DSC_0141Erwartungsgemäß wurden nicht alle Probleme „endgültig gelöst“, aber in allen Gruppen wurden erstaunlich fundierte Teilergebnisse und gute Ideen für weitere Forschung erarbeitet, so dass die Vertreter der Aufgabensteller voll des Lobes waren und die Schülerinnen und Schüler bei ihren Präsentationen am Freitag im Super C der RWTH Aachen verdient in Applaus gebadet wurden.

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Die Schülerinnen und Schüler haben in der CAMMP Week 2013 sicher Selbstbewusstsein getankt und erfahren, dass auch in der Forschung nur „mit Wasser gekocht“ wird, aber dass man im Team auch komplexe Aufgaben unter Zeitdruck meistern kann.

 

Text: M. Janßen

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