„Die Bitte des Bits“
Ich bin ein Bit, ein armseliges bloß,
es ist mir nur gegeben
als Stromstoß oder als Nichtstromstoß
drei Mikrosekunden zu leben. […]
Als Hubert Cremer diese Zeilen in den späten 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verfasste, war das Rechenzentrum noch nicht geboren.
Er erkannte jedoch früh die (zukünftige) Bedeutung der elektronischen Datenverarbeitung und das enorme Leistungspotenzial der Bits, wenn er fortfährt:
Helf ich der Menschheit in der Not
Durch gutes Planen und Schaffen […]
Auf seine Initiative und unter seiner Leitung fand 1952 in Aachen das erste Rechenautomaten-Kolloquium auf deutschem Boden statt, unter anderem mit Konrad Zuse, dem Erfinder des modernen Computers und Prof. Dr. Biermann, der in Göttingen die richtungsweisende G1-Rechenmaschine entwickelt hatte.
Zu jener Zeit die Professur „Lehrstuhl C für Mathematik“ an der RWTH innehabend, bemühte sich Prof. Dr. Cremer um den Erwerb der ersten Großrechenmaschine der RWTH Aachen. Sein Objekt der Begierde war eine Z22, benannt nach ihrem Erfinder Konrad Zuse, von welcher er sich neben der Unterstützung von Berechnungen von Fahrbahnplatten und Hochdruckkesseltrommeln, auch einen Vorteil gegenüber mechanischen Rechenmaschinen versprach.
Erst nach mehreren Anträgen und Senatssitzungen gelang es ihm, sein Vorhaben durchzusetzen. Im Jahre 1958 fand der erste Zuse-Stecker seinen Weg in die RWTH Gemäuer.
Professor Cremer demonstrierte anhand der Z22, die in der Lage war, 30 Operationen pro Sekunde zu bewerkstelligen, wie unentbehrlich die Arbeit digitaler Rechenmaschinen für die verschiedenen Disziplinen der Hochschule ist, so dass seine Abteilung des Mathematischen Lehrstuhls C für Mathematik und Großrechenanlagen zu einer eigenen Einrichtung avancierte:
Es ist die Geburt des Rechenzentrums der Technischen Hochschule Aachen!
Schon bald wurden sechs weitere Maschinen bestellt und der Platz im Hause Appelrath am Dom immer dürftiger, so dass weitere Räume im Stadtkern angemietet wurden, die eine Expansion von 400 qm auf 1000 qm bedeutete. Unter diesen Maschinen befand sich die Siemens 2002, die 66mal schneller rechnete als ein Exemplar der Zuses. Die Rechenkapazität, die aus der Summe dieser Maschinen erreicht wurde, führte zu gesteigertem Interesse an der Nutzung seitens anderer Institute und damit zu dem Umstand, das Rechenzentrum zu einem Dienstleister zu machen, der hochschulweit Angehörigen den Zugang zu ihnen gewährte. Um weiteren Platzproblemen aus dem Weg zu gehen, beschloss man den Standort in den Seffenter Weg zu verlagern. Ab dem 05.09.1963 fanden hier zahlreiche Bits ein neues Zuhause.
Durch das engagierte Eintreten Professor Cremers für die Anschaffung von Großrechenanlagen wurde die Entstehung und zukunftsweisende Entwicklung des IT Centers der RWTH Aachen ermöglicht.
Die heutigen Hochleistungsrechner des Rechenzentrums haben vielleicht äußerlich nicht mehr viel mit der Technik der Z22 gemeinsam, aber der Einsatz für Forschung und Lehre ist gleichgeblieben.
Für seine herausragenden Leistungen wird Prof. Cremer 1973 das große Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Seine Gedichte, darunter das hier Vorliegende sind nachzulesen unter:
Hubert Cremer: Carmina Mathematica und andere poetische Jugendsünden. Aachen 1982, 7. Auflage.