Digitales Vorstellungsgespräch – Überzeugen von zu Hause aus
Seit letztem Jahr März werden die Vorstellungsgespräche am IT Center digital geführt. Tanja Wittpoth-Richter ist seit August 2018 Gruppenleiterin der Gruppe Marketing & Eventmanagement am IT Center.
Als erfahrene Führungskraft bedeuten digitale Vorstellungsgespräche auch für sie eine Umstellung, denn sie lernt die Bewerbenden nun digital kennen und muss sie einschätzen können. Das ist nicht immer ganz einfach. Wie sie auf die Neuerung reagiert und trotzdem beurteilen kann, ob die Bewerber*innen ins Team passen, erzählt uns Tanja im Interview.
Janin: Was waren deine ersten Gedanken als du erfahren hast, dass Vorstellungsgespräche nun digital stattfinden werden und du deine zukünftigen Mitarbeitenden per Video einschätzen musst?
Tanja: Zunächst war ich etwas enttäuscht und hatte die Hoffnung, dass wir es doch noch live möglich machen können. Uns war jedoch sehr schnell klar, dass Gespräche mit Maske für uns keine Option sind. Digital, ohne Maske, konnten wir wenigstens die Gesichtszüge und Reaktionen erkennen. So hatte ich auch die Möglichkeit sichtbar aufmunternd zu Lächeln und der Person so zu signalisieren, dass Sie sich auf dem richtigen Weg befindet.
Janin: Womit können Bewerber*innen im digitalen Gespräch einen guten Eindruck machen und ihre Persönlichkeit rüberbringen?
Tanja: Ich merke, dass die Nervosität oft geringer ist als im IT Center vor Ort. Die Bewerbenden befinden sich in einer bekannten Wohlfühlumgebung, in der sie sich sicher fühlen. So sind aus meiner Sicht viele Gespräche auch ungezwungener, lockerer, nicht so verkrampft. Die Menschen waren meist offener, liegt aber vielleicht auch daran, weil sie ab und zu mal spicken konnten. Die Bewerbenden können sich natürlich unendlich viele Notizen machen und bei live Gesprächen habe ich bisher eher selten die Erfahrung gemacht, dass jemand Notizen mitgebracht hat. Ab und zu hatte ich auch den Eindruck, dass nebenbei nochmal etwas im Internet recherchiert wurde.
Besondern trumpfen konnten die Bewerbenden aber, mit Folien, Mockups oder Grafiken, die sie uns zeigten in dem sie ihren Bildschirm geteilt haben. Wir stellen den Bewerbenden vorab immer kleine Aufgaben und so konnten sie uns leicht zeigen wie sie diese angegangen sind und ihre Ergebnisse präsentieren.
Mir ist es wichtig die Persönlichkeit auch digital kennenzulernen, welche Charakterzüge hat die Person, wie geht sie mit Störungen – etwa durch den Paketboten – um und wie gut kann sie mir bei meinen Ausführungen folgen. Aber auch Fragen des Umgangs sind mir wichtig. Irritiert hat mich beispielsweise eine Bewerberin, die uns durchweg geduzt hat. Nicht dass ich mich für spießig halte, aber in einem Bewerbungsgespräch hatte ich dies nicht erwartet, daher ist mir eine offene und ehrliche Kommunikation im Gespräch sehr wichtig.
Janin: Wie machst du dir im digitalen Gespräch ein Bild davon, ob Bewerber*innen ins Team passen?
Tanja: Ich versuche nicht so bierernst zu sein, gebe mir Mühe locker rüber zu kommen und mache auch schon mal lustige /selbstironische Kommentare. Wenn die Person darauf einsteigt, hat sie (meinen) Sinn für Humor und kann (mit-)lachen. Das ist eine sehr gute Voraussetzung für unsere Gruppe.
Janin: Bei einem face-to-face Gespräch erhalten Bewerber*innen einen guten Eindruck vom Standort vor Ort und von der Arbeitsatmosphäre. Wie wird dieser Eindruck digital vermittelt?
Tanja: Gute Frage … wir versuchen die Arbeitssituation samt Klima ehrlich und mit vielen Worten zu beschreiben. Trotzdem ist mir die Idee gekommen darüber hinaus noch Fotos mit einzubinden, so können wir die Atmosphäre vielleicht noch besser rüberbringen. Einen Gang durch die Räumlichkeiten wird es aber nie ersetzen.
Janin: Inwiefern unterscheidet sich das digital vom face-to-face Vorstellungsgespräch?
Tanja: Zum einen ist es anstrengender, weil die Technik schon mal spinnt und es auf allen Seiten zu mehr Störungen kommt, die man auch selten beeinflussen kann. Da klingelt mal der Paketbote oder es kommt ein Kind ins Zimmer. Zum anderen ist es aber auch bequemer. Es ist einfacher pünktlich zu sein, da man nicht auf den ÖPNV etc. angewiesen ist. Außerdem wäre es ja auch durchaus möglich eine Jogginghose zu tragen und obenrum etwas Schickeres. Ganz nach dem Motto: Oben hui, unten pfui.
Janin: Was bleibt in deinen Augen auf der Strecke? Vermisst du etwas Bestimmtes?
Tanja: Das Gesamtpaket. Es ist ein wenig wie bei „The Voice of Germany“.
Man sieht nur einen Teil, weiß nicht wie der Mensch sich bewegt, ist er eher selbstbewusst, unbeholfen oder eher ängstlich. Wie kleidet sich die Person, von den Füßen bis zum Kopf erhalten wir leider kein Bild. All das ist aber Teil der Persönlichkeit, die einem hilft die ganze Person einzuschätzen und zu beurteilen. Das fehlt und macht es uns ein Stück schwieriger.
Janin: Kannst Du dir vorstellen auch in Zukunft digitale Vorstellungsgespräche anzubieten oder lieber back to the roots?
Tanja: In jedem Fall back to the roots. Sollte der Bewerbende aber weit weg wohnen oder beispielsweise im Auslandssemester sein, dann finde ich es schön die digitale Möglichkeit weiterhin anbieten zu können.
Wir bedanken uns herzlich bei Tanja für das Interview und freuen uns mehr über digitale Vorstellungsgespräche aus Sicht einer Führungsperson erfahren zu haben.
Verantwortlich für die Inhalte dieses Beitrags sind Tanja Wittpoth-Richter und Janin Vreydal.