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Kilian

Australien – Wie Europa, nur besser? Teil 1 -Die Leute des Landes

30. Juni 2015 | von

Es ist Zeit für ein kleines Zwischenfazit nach vier Wochen im Land der Kängurus, des teuren Bieres, der flächenraubenden Haus neben Haus Bauweise und in einer Stadt der wohl unendlichen Möglichkeiten. Doch was macht Australien, aus meiner persönlichen Sicht, zu einem Ziel für hunderte Backpacker. Leute, die ihr altes Leben in Europa hinter sich lassen um hier ein neues zu starten. Akademiker aus renommierten Hochschulen Europas, die sich hier als Kellner oder Bauarbeiter durchschlagen, um erst einmal Fuß zu fassen. Bankkauffrauen Ende 20, die für Mindestlohn bei 35° Mangos pflücken oder ausgebildete Handelskaufmänner, die bei strömenden Regen Zement stundenlang mit einer Schaufel auf eine Schubkarre laden. Jobs, die neben Backpackern hier meist nur Gastarbeiter aus Ländern mit schwacher Konjunktur verrichten. Unter den Backpackern sind übrigens unfassbar viele Deutsche, aus einem Land, das aus wirtschaftlicher Sicht im europäischen und weltweiten Vergleich sehr gut aussieht.

Ich werde hier in Rahmen des Blogs eine kleine Reihe von Blogs unter dem Titel „Australien – Wie Europa nur besser?“ schreiben und versuchen einen Eindruck des Landes festzuhalten. Beginnen möchte ich mit den Leuten, die einem hier begegnen.

Von der Smalltalk-Mentalität der Amerikaner geprägt, ist hier grundsätzlich jeder freundlich unterwegs und auch interessiert, was manchmal zu etwas krummen Situationen führt. Ich dachte bis heute die Franzosen toppen mit ihrer „-Ca va? -Ca va, ca va? -Ca va?“ Begrüßungsformel alles, aber der allgemeine Australier kann hier durchaus mithalten. Beispielhaft dazu folgende Situation: Kollege X kommt morgens ins Büro, in dem etwa drölf Personen bereits vor ihren PCs knechten. Vorne angefangen wird er vom Ersten mit einem „Good morning how are you doing?“ begrüßt. Aus dem Arsenal der Standardfloskeln greift er sich zunächst ein klassisches „Good, how are you?“, gefolgt vom nächsten „not to bad mate, what about you?“ um dann ein „Couldnt be better man.“ auf ein „Perfect, hope you’re the same“ folgen zu lassen, bis er dann endlich an seinem Platz angekommen ist. Dass dabei jeder bereits aufgrund des Großraumbüros bei der ersten Nachfrage wusste, dass es dem Kollegen nicht zu schlecht zu gehen scheint, stört nicht. Am Platz greift er sich das Telefon und der erste Satz ist ein, „Hi, how are you today?“… Eventuell habe ich leicht übertrieben, wer schon mal hier war, weiß aber bestimmt was ich meine.

Um den wirklichen Aussie zu treffen, bin ich wohl in der falschen Stadt gelandet. Einwanderung ist ein Teil der Kultur und des Lebens, vor allem in den Großstädten Sydney und Melbourne. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ein vom Typ her lupenreiner Chinese anfängt zu sprechen und den breitesten Aussie slang an den Tag legt. Einwanderer zweiter Generation sind wohl die meisten Leute, die ich hier als „Locals“ treffe. Oftmals sind ein oder zwei Elternteile gebürtig von overseas. Dazu kommt ein ganzer Haufen von Einwanderern erster Generation, die selbst noch nicht länger als 2-5 Jahre hier wohnen. Dieser Einfluss macht Sydney und das Land lebendig. Diskussionen über Kulturen, Lebensweisen, Lebensalternative sind an der Tagesordnung. Die einzige Landessprache Englisch vereint die verschiedenen Kulturen und gibt eine gute Plattform für Austausch. Restaurants, Festivals oder Märkte mit länderspezifischen Mottos werden zu Treffpunkten der Sydneysider.

Weiterhin haben die Leute hier zwei große Leidenschaften, Sport treiben und Alkohol trinken.

Zunächst der Sport: Hier in Sydney gibt es viele Parks, wo man die verschiedensten Sportarten beobachten kann. Auch wird hier nicht, wie in Deutschland (und wohl besonders Aachen), an der Ausrüstung gespart. So ist es keine Seltenheit in einem Park 10 Tenniscourts, 3 Basketballfelder, Outdoor Fitnessgeräte oder auch direkt mal ein perfekt gemähtes Rugbyfeld vorzufinden. Diese sind beleuchtet und stark frequentiert. Man sieht morgens wie abends Leute aller Altersklassen beim Joggen oder beim Boxtraining im Park. Viele meiner Kollegen fahren mit dem Rennrad in die Arbeit oder gehen in der Mittagspause schwimmen. In der Firma gibt es zwei Mal pro Woche ein Fitnessprogramm in der Mittagspause. Ich denke dieser kleine Überblick zeigt, wie sportlich die Australier sind und wie groß die Rolle des Sports in der Gesellschaft und Kultur ist. Kleiner Nachtrag: Das Krummste was ich bis jetzt beobachtet, war ein Quidditch game im Park. (Es sah so bescheuert aus, wie es klingt. no offence an alle Spieler 😀). Bei näherem Interesse einfach mal googlen.

Die zweite Leidenschaft der Australier wird ähnlich exzessiv betrieben. Vor allem Bier wird hier in rauen Mengen konsumiert. Der positive Aspekt daran ist, dass meistens richtig gute Stimmung ist, die Pubs sind schon ab Nachmittag voll und die Leute sind sehr offen. Ich bin mit Sicherheit kein Kind von Traurigkeit und gern auch mal für 1-4 Bierchen zu haben. In welcher Masse hier getrunken wird und wie viel Geld für Alkoholkonsum ausgegeben wird, beindruckt mich in sehr negativer Weise. Man sieht viele Jungs (aber auch die Mädels halten sich hier nicht gerade bedeckt) mit einem nicht gerade gesunden Erscheinungsbild aus dem Pub fallen. Wie viele Anzüge mit aufgerissenen Knien nach Stürzen pro Woche verschrottet werden müssen, würde mich interessieren. Da der dress code hier in Sydney ein bisschen schicker ist, trifft man so manchen mate mit Krawatte um den Kopf gebunden. Die Stimmung im Pub kippt zu späterer Stunde öfters und man sieht eigentlich jeden Abend am Wochenende Schlägereien, was wahrscheinlich der Grund für die verpflichtenden bouncer vor jedem Pub mit Schanklizenz ist. Die eigentlich sehr strikten Gesetze für Alkoholkonsum verpuffen in ihrer Wirkung jedoch komplett. Es gibt nun ein neues lock out law, nun ist der (Wieder-)Eintritt in ein Pub/Club nach 1:30 verboten und um 3:00 machen die Läden zu. Mittlerweile wird in Pubs der Eingangsbereich mit Gummimatten ausgelegt, so dass die „Ausgeknockten“ nicht mit dem Kopf auf Fliesen aufprallen und sich schwerere Verletzungen zuziehen.

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