Der ANZAC Day ist jetzt bereits etwas her, trotzdem mit einiger Verspätung ein kleiner Nachtrag.
Am 25. April ist in Australien der ANZAC Day, ein australischer Nationalfeiertag. ANZAC steht hierbei für Australian and New Zealand Army Corps. Anlass des Feiertags ist, die Veteranen der beiden Weltkriege zu ehren. Ehemalige und aktuelle Soldaten sind am ANZAC Day in ihrer Militäruniform unterwegs und die Abzeichen sowie Ehrenorden/Kreuze etc. werden stolz zur Schau gestellt. Der 25. April ist ein symbolträchtiges Datum für die ANZAC, es ist der Jahrestag der Landung der ANZAC auf der Halbinsel Gallipoli in der heutigen Türkei. Am 25.04.1915 sind die ANZAC in den Ersten Weltkrieg eingestiegen und haben gegen die Truppen des Osmanischen Reichs, ein Verbündeter der Deutschen, gekämpft.
Los geht der Tag mit dem Dawn Service um 5 Uhr morgens, den ich mir aber gespart habe. Danach folgt eine Parade durch die Stadt. Auf Anraten meiner Kollegen, dass ein Teil der Parade zu sehen, durchaus ausreichend ist, bin ich dann auch mal vorbeigesteuert. Blaskapelle folgt auf Fußtruppe, auf Fußtruppe folgt Army Jeep. Danach mal wieder eine Blaskapelle. Ich denke, ihr habt den Modus erkannt. Die ganze Parade besteht wohl aus gefühlten 300 Fußtruppen von Veteranen bzw. deren Angehörigen. Die Veteranen haben den ganzen Tag über eine Art Ehrenstatus, dürfen bspw. umsonst Bus und Bahn fahren und bekommen in den allermeisten Pubs Biere gratis, bzw. wird Ihnen von den anderen Gästen eins ausgegeben. Im Hyde Park im Stadtzentrum steht ein ANZAC Memorial und ein subtiles Denkmal in Form von überdimensionaler Gewehrmunition, wo noch eine kleine Zeremonie abgehalten wurde.
Im Anschluss geht es an die Hauptaufgabe des Tages. Ab in eins der aus allen Nähten platzenden Pubs, jeweils mit abgezäuntem Außenbereich, Warteschlangen an der Bierausgabe und Plastikbecher für die Meute. Die meisten Aussies überspringen den offiziellen Teil der Parade und gehen direkt in einen Pub und spielen dort Two Up. ANZAC Day ist der einzige Tag im Jahr, an dem es legal ist im Pub um Geld zu spielen. Two up wurde früher in der Army gespielt um die Langeweile der Soldaten zu überbrücken.
Two Up
Das Spiel ist relativ einfach erklärt: Einer der Teilnehmenden steht in einem abgegrenzten Bereich und hat ein Holzteil in der Hand auf dem 2 Münzen liegen. Dieser wirft die Münzen mindestens über Kopfhöhe, und lässt diese auf den Boden fallen. Falls die Münzen head und tail zeigen, wird der Wurf wiederholt. Zeigen beide Münzen heads oder tails, gewinnt der Spieler, der auf diese gewettet hat. Also im Prinzip ein erweiteter Münzwurf. Witzig wird das Spiel dadurch, dass man gegen völlig Unbekannte spielt. Um einen Einsatz zu setzen, winkt man einfach mit dem Schein in der Höhe des Einsatzes (5$ – 50$ sind üblich, je später der Abend desto verrückter werden die Summen) und hält sich diesen mehrmals an den Kopf um zu signalisieren, dass man auf heads wettet. Wenn man also einsteigen will, sucht man sich einen Spieler, der mit dem passenden Einsatz wedelt und wettet damit auf tails. Der Spieler auf heads behält die beiden Scheine bis die Münzen eine Entscheidung treffen. Dann wird fair abgeklatscht, meist kurz ein, zwei witzige Kommentare ausgetauscht und die nächste Runde beginnt.
Das Spiel hört sich eigentlich nicht so spannend an, aber die Atmosphäre ist großartig. Ich hatte am Ende 5$ verloren, war aber einige witzige Begegnungen mit 40-jährigen Feuerwehrmännern, ein paar betrunkenen Engländern und einem Amerikaner, der mir seinen Gewinn mit einem Zwinkern überlassen hat, reicher. Etwa 150 Leute spielen mit, jede Entscheidung wird bejubelt und der Moderator sorgt für gute Stimmung. Ansonsten einfach mal bei YouTube nach ein paar Videos schauen.
Wir Deutschen haben, historisch bedingt, eine nicht so große Verbundenheit mit den Veteranen. Hier in Australien, rund 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg und 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, kam mir das teilweise etwas aufgesetzt vor. Damit meine ich nicht die Angehörigen und noch lebenden Veteranen, die teils tragische Geschichten erzählen mit einem sehr realistischen Blick auf die Historie. Ich meine den Modus vieler junger Australier, die um 15 Uhr mit einem Restkater des Vortages ins Pub kommen und 2 Up spielen und sich dann im volltrunkenen Zustand über die großartigen Taten der Großväter oder wem auch immer auslassen. Dass Krieg grausam ist, meist nur traurige Schicksale mit sich bringt und wenig Ehrenhaftes bei sich hat, werden sie und auch ich hoffentlich nie erleben müssen. Ich habe mich an diesem Tag jedoch als Außenstehender und noch dazu Deutscher zurückgehalten. Dass ich mit meinem Gefühl nicht ganz falsch lag, wurde durch eine Diskussion in den Medien über die Kommerzialisierung des ANZAC Days bestätigt, vorbei an dem eigentlichen Anlass.
Schreibe einen Kommentar