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Forschungsdaten – Aktuelles und Wissenswertes

Reflexion zum Open Science Festival 2024 in Mainz

03. Dezember 2024 | von
Collage aus Bildern; zwei Data Stewards der RWTH stehen vor Open Science Festival RollUp

Quelle: Eigene Darstellung

Drei Data Stewards der technischen Schulungs- und Beratungsgruppe N. Parks, K. Dukkart und C. Gonzalez aus der Abteilung Research Process and Data Management (RPDM) hatten kürzlich die Gelegenheit, am dritten jährlichen Open Science Festival an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz teilzunehmen, einer Veranstaltung, die sich der Erforschung der Prinzipien und Praktiken der Open Science widmet.

Wie bereits im Vorjahr brachte das Festival eine vielfältige Gruppe von Teilnehmenden zusammen – von Studierenden und Forschenden bis hin zu Entscheidungsträgern und Fachleuten für das Forschungsdatenmanagement (FDM) – unter dem inspirierenden Motto: „Meet, Share, Inspire, Care“.

 

Was ist „Open Science“?

Das Festival begann mit Diskussionen, in denen versucht wurde, die Begriffe „Wissenschaft“ und „offen“ zu definieren. Wir erfuhren, dass zwar nicht alle wissenschaftlichen Daten reproduzierbar sind – insbesondere in qualitativen Bereichen wie der klinischen Psychologie –, dass es jedoch grundlegende Prinzipien gibt, die die Offenheit leiten. Das Mantra „so offen wie möglich, so geschlossen wie nötig“ hallte während der gesamten Sitzungen wider und betonte die Bedeutung des Datenschutzes und ethischer Überlegungen.

Eine wichtige Erkenntnis war das Verständnis des Unterschieds zwischen Replizierbarkeit und Reproduzierbarkeit. Die Replizierbarkeit bezieht sich darauf, ob andere Forschende die Methoden eines Experiments verwenden können, um ihre eigenen Experimente durchzuführen. Das bedeutet, dass sie die gleichen Schritte unter ähnlichen Bedingungen wiederholen können. Die Ergebnisse müssen nicht identisch sein; es geht darum, dass die Methodik nachvollziehbar ist. Reproduzierbarkeit hingegen bedeutet, dass ein Experiment unter den gleichen Bedingungen durchgeführt wird und zu den gleichen Ergebnissen führt. Hier liegt der Fokus auf der Konsistenz der Ergebnisse bei Anwendung der gleichen Methoden.

Diese Unterscheidung ist wichtig für das Verständnis wissenschaftlicher Praktiken und trägt zu Diskussionen über Transparenz und Offenheit in der Forschung bei.

 

Anregende Vorträge

Ein Höhepunkt war der Vortrag von Johannes Vogel vom Museum für Naturkunde Berlin, der die Klimakrise aus der Perspektive der offenen Wissenschaft betrachtete. Er forderte das Publikum auf, darüber nachzudenken, ob die Forschung selbst einen tiefgreifenden Wandel durchläuft oder vor einer Stagnation steht, da veraltete Praktiken und geschlossene Ansätze dazu führen könnten, dass sie ihre Relevanz für die Bewältigung drängender globaler Probleme verliert.

 

 

Podiumsdiskussion: Transparenz und Intelligenz? Förderung der künstlichen Intelligenz durch offene Wissenschaft

Ein Höhepunkt des Festivals war eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Transparenz und Intelligenz? Förderung der künstlichen Intelligenz durch offene Wissenschaft“. In dieser Sitzung wurde untersucht, wie Transparenz eine entscheidende Rolle bei der Integration von KI in die akademische Praxis spielt.

Schlüsselpunkte der Podiumsdiskussion waren:

  • KI als Autorenschaft: Das Podium betonte, wie wichtig es ist, die Beteiligung von KI an Schreibprozessen transparent zu machen, insbesondere in Bezug auf Zitierstandards.
  • Prinzip der Erklärbarkeit: Eine wichtige gesellschaftliche Frage wurde aufgeworfen: Wer muss KI-Entscheidungen erklären? Dies unterstreicht die Notwendigkeit der Rechenschaftspflicht beim Einsatz von KI-Technologien.
  • KI als Werkzeug: KI kann Forschende unterstützen, ist aber kein Allheilmittel für alle Herausforderungen in der Wissenschaft. Sie kann bestimmte Aufgaben erleichtern, aber nicht allein die zugrunde liegenden systemischen Probleme lösen.
  • Offene KI-Modelle/Daten: Die Diskussion unterstrich die Notwendigkeit eines offenen Zugangs zu KI-Modellen und -Datensätzen in verschiedenen Systemen, um Zusammenarbeit und Innovation zu fördern.
  • Grenzen der Transparenz: Eine zum Nachdenken anregende Aussage war, dass „Transparenz an sich nicht gut ist“. Nur weil etwas transparent ist, ist es noch lange nicht ethisch oder konstruktiv.
  • Verständnis von Trainingssätzen: Es ist dringend notwendig zu wissen, welche Daten in KI-Trainingssätzen enthalten sind, da dies direkte Auswirkungen auf die Ergebnisse und Vorurteile in KI-generierten Inhalten hat.

In diesen Diskussionen wurden sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen hervorgehoben, die mit der Integration von KI in die Forschungspraxis verbunden sind, und gleichzeitig für mehr Transparenz bei den Methoden plädiert.

 

Demokratisierung der Wissenschaft

Das Thema der Demokratisierung der Wissenschaft kam in den Diskussionen über den Übergang von einem „Elfenbeinturm“-Modell geschlossener Forschung zu einem Modell, der Zugänglichkeit und Zusammenarbeit auszeichnet, stark zum Tragen. Die Teilnehmenden erörterten, wie Open Science das öffentliche Engagement fördern und gleichzeitig das Misstrauen gegenüber wissenschaftlichen Einrichtungen abbauen kann.

Offene Lehrmethoden wurden ebenfalls diskutiert; so gibt es derzeit beispielsweise wenig Anreize für Professoren und Professorinnen, ihre Vorlesungsmaterialien offen zu teilen. Dies erschwert kollaboratives Lernen unter den Studierenden.

 

Fazit

Insgesamt war die Teilnahme am Open Science Festival eine lehrreiche Erfahrung, die den Wert der „Offenheit“ innerhalb der Forschungsgemeinschaft unterstrichen hat. Durch die Förderung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachrichtungen und die Förderung der Transparenz bei Methoden und Ergebnissen können wir auf eine inklusivere Wissenschaftslandschaft hinarbeiten.

Es ist wichtig, dass Forschende von Beginn ihrer Karriere an dafür sensibilisiert werden, dass sie ihre Daten teilen müssen. Das Verständnis dieser Verantwortung kann von Anfang an eine Kultur der Zusammenarbeit fördern und wesentlich zum wissenschaftlichen Fortschritt beitragen.

Darüber hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, dass es spezielle Forschungsdatenbeauftragte gibt, die neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Prozesse und Standards des Forschungsdatenmanagements  einweisen. Diese Beauftragten können wertvolle Hinweise zu bewährten Verfahren für die gemeinsame Nutzung von Daten geben und gleichzeitig die Einhaltung ethischer Standards und rechtlicher Anforderungen sicherstellen.

Die Diskussionen und Erkenntnisse aus diesem lebendigen Treffen von Menschen, die sich für die Förderung der Open-Science-Prinzipien einsetzen, zeigen das Potenzial für positive Veränderungen innerhalb der akademischen Welt – und darüber hinaus. Der Dialog über Offenheit in der Forschung muss fortgesetzt werden, denn das Ziel ist eine Zukunft, in der Wissen für alle zugänglich ist.


Verantwortlich für die Inhalte dieses Beitrags sind Kseniia Dukkart, Catherine Gonzales und Nicole Parks.

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