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Forschungsdaten – Aktuelles und Wissenswertes

Europas Antwort auf Suchmaschinenmonopole: Pilotphase des European Open Web Index

03. Juli 2025 | von
die Hand einer Person, die auf einer Laptop-Tastatur tippt, mit einer Suchleiste, die das Bild überlagert

Quelle: Freepik

Am 6. Juni 2025 startete das OpenWebSearch.eu-Konsortium, ein Zusammenschluss von 14 renommierten europäischen Forschungseinrichtungen, wie dem CERN, die Pilotphase des European Open Web Index (OWI). Ziel ist es, Europas digitale Souveränität zu stärken, indem ein offener und ausgewogener Zugang zu Webdaten geschaffen wird, der sich an europäischen Werten, Datenschutzstandards und Rechtsvorschriften orientiert. Dadurch sollen auch neue Impulse für das Forschungsdatenmanagement (FDM) gesetzt werden.

 

 

Warum ein europäischer Webindex nötig ist

Bislang wird die Websuche primär von wenigen globalen Anbietern wie Google, Microsoft, Baidu oder Yandex dominiert. Diese Gatekeeper kontrollieren, was auffindbar ist und in welcher Reihenfolge gesuchte Inhalte angezeigt werden. Europa fehlt bisher eine eigene Infrastruktur, . Der OWI will diese Lücke mit einer transparenten, dezentralen Lösung schließen, die Fairness und Unabhängigkeit fördert.

 

Aufbau und technischer Fortschritt

Seit September 2022 entwickelt das Konsortium die Basisinfrastruktur für den OWI, die durch das EU Programm Horizon mit 8,5 Millionen Euro finanziert wird [1]. Das CERN liefert dafür entscheidende technische Beiträge: Crawling- und Indexierungspipelines, die rund neun Millionen URLs pro Stunde verarbeiten. Das entspricht mehreren Terabyte an Daten täglich. Bereits über ein Petabyte an offen lizenziertem Webcontent wurde indexiert. Bis Ende 2025 sollen 30 bis 50 Prozent des textbasierten Internets abgedeckt sein.

 

Open by Design: Werte, Ethik, Datenschutz

Der OWI ist von Anfang an interdisziplinär ausgerichtet. Technische Disziplinen arbeiten eng mit den Bereichen Recht, Ethik und Sozialwissenschaften zusammen, um systematische Verzerrungen zu erkennen und den Datenschutz zu gewährleisten. Wie bei CERN üblich wird auf Offenheit gesetzt. Seit der Erfindung des World Wide Web im CERN gilt die Mission: Open Science fortzusetzen, nun auch für die Websuche.

 

Nutzungsmöglichkeiten und Anwendungsfälle

Der OWI steht aktuell als Pilotprojekt mit Forschungslizenz zur Nutzung offen. Erste Anwendungen sind bereits in Planung, darunter die Argumentationssuche, vertikale Suchdienste sowie der Zugriff für große Sprachmodelle und Chatbots. Ein Prototyp namens „Nooon“ richtet sich an Menschen mit Behinderung, indem er strukturierte, barrierefreie und repräsentative Inhalte bereitstellt, ohne Rückschlüsse auf die Person zuzulassen.

 

Ausblick und nächste Schritte

Mit dem jüngsten Aufruf im Mai 2025 lädt das Konsortium Entwicklerinnen und Entwickler ein, die europäische Suchmaschine aktiv in Projekten zu erproben, von vertikaler Suche bis hin zu Retrieval-augmented-Generation-Anwendungen.

Parallel dazu läuft der Aufbau eines europäischen Ökosystems. Weitere Datenzentren und Drittpartner kommen hinzu, zudem werden aktuell Marktstudien und Fördermodelle entwickelt, um die langfristige Nachhaltigkeit zu gewährleisten. [2]

 

Fazit

Der European Open Web Index ist ein wegweisendes Projekt für die digitale Selbstbestimmung Europas. Er bietet eine offene, ethisch fundierte Infrastruktur, die nicht nur der Forschung zugutekommt, sondern auch als Grundlage für innovative Anwendungen wie barrierefreie Suche und das Training von KI-Modellen dient. Dank der technischen Expertise des CERN, der strikten Einhaltung europäischer Werte und der aktiven Einbindung der Community entsteht ein vielversprechender Baustein für das digitale Europa – frei, offen und souverän.

Bei Fragen zu Themen rund um das Forschungsdatenmanagement stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Das FDM-Team freut sich über Ihre Nachricht und hilft Ihnen gerne weiter!


Verantwortlich für die Inhalte dieses Beitrags ist Hania Eid.

 

Als Informationsgrundlage für diesen Beitrag dienten folgende Quellen:

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