Wie war das damals im Mittelalter? Geschichte erleben und einen Zeitgeist nachfühlen – Musikwissenschaftler Professor Stefan Morent von der Universität Tübingen rekonstruiert mit seinem Projektteam und in Kooperation mit dem Institut für Hörtechnik und Akustik der RWTH Aachen die Klangwelt dieser Epoche. Im Zentrum des musikhistorischen Experiments steht die Klosterkirche von Cluny III zwischen 1130 und 1790.
Die Benediktinerabtei von Cluny zählte, bis zu der Zerstörung wesentlicher Teile des imposanten Bauwerks, zu den einflussreichsten religiösen Zentren Europas. In Ihren Räumlichkeiten praktizierten Geistliche ihren Glauben: „Nur über Musik und wenn die Liturgie makellos ausgeführt würde, könne eine Verbindung zu Gott aufgebaut werden“, erklärt Professor Morent die Überzeugung der Mönche. Doch wie klang ihr Gesang in den weitläufigen und prachtvollen Sälen?
Cluny III ist eine virtuelle Version des historischen Originals, die eine raumakustische Computersimulation ermöglicht. Dafür wurden mittelalterliche Chorgesänge des Ensembles Ordo Virtutum im Labor des IHTA – einem schalltoten Raum ohne Nachhall – aufgenommen. In Echtzeit erlebten die Singenden dabei die Reflexionen des virtuell konstruierten Kirchenraumes über Kopfhörer. Diese Auralisation ermöglicht eine Einbettung der musikalischen Kompositionen in den baulich-historischen Kontext ihrer Entstehung. Doch welche Rolle spielt die Wechselwirkung von Architektur und Klang für zukünftige Raumkonzepte? Um diese Frage zu beantworten, werden die Aufnahmen in weiteren Projektschritten musikwissenschaftlich analysiert, um den Einfluss der Architektur auf die musikalische Darbietung zu untersuchen.
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