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IEHK-Aktuell

Forschungsinhalte der Arbeitsgruppe Gießen und Erstarren

18. Mai 2020 | von

Über den Stranggießprozess werden über 95 % der Weltstahlerzeugnisse vergossen. Die Forschung der Arbeitsgruppe Gießen und Erstarren untersucht daher die Prozessbedingungen sowie die daraus resultierenden Gussgefüge, welche die Werkstoffeigenschaften und Weiterverarbeitung maßgeblich beeinflussen.

Die Vorhersage des Erstarrungsgefüges mit Hilfe von Berechnungen und Simulationsprogrammen ist zur Steuerung der Qualität des Stahlgusshalbzeugs von großer Bedeutung. Anlagenkomponenten, die unterschiedlichen Möglichkeiten der Prozessführung und die chemische Zusammensetzung des Halbzeugs verlangen eine optimierte Abstimmung dieser Faktoren, um das bestmögliche Gefüge für den jeweiligen Verwendungszweck einstellen zu können. Hierfür ist es notwendig die kontrollierbaren Einflussgrößen und ihre Auswirkungen genau beschreiben zu können. Das übergeordnete Ziel ist dabei die Verknüpfung verfügbarer Daten und Programme, um eine umfassende Berechnung der Gefügeentwicklung in der Stranggießanlage zu ermöglichen. Eine Auswertung der Hochtemperatureigenschaften unterschiedlicher Stahlzusammensetzungen bildet in dem Zuge die Basis für eine verbesserte Abstimmung der Gießbedingungen auf die Werkstoffeigenschaften.

Eine Möglichkeit zur Beeinflussung des Gussgefüges bei Blöcken ist die Applizierungvon mechanischer Vibration zur Anregung der dynamischen Keimbildung und Keimmultiplikation. Diese Methode wurde erfolgreich an Blöcken unterschiedlicher Größe getestet und die Gefügeentwicklung mittels einer Simulation nachvollzogen.

Es konnte gezeigt werden, dass die mechanische Beanspruchung des Blockes durch Vibration bei der Erstarrung den streng gerichteten Randbereich stark verkürzt und die CET vergrößert. Durch eine eigens entwickelte Simulation lässt sich die Verschiebung des Beginns der CET abbilden.

Ein weiterer Schritt zum verbesserten Verständnis der Erstarrung in Abhängigkeit von den jeweiligen Bedingungen ist ein exaktes Wissen über die Wärmeströme in der Kokille. Daher wird derzeit mittels genauester Messungen der Einlauf- und Rücklauftemperaturen des Kühlwassers einer Brammenkokille ermittelt. Ziel ist eine möglichst exakte Bestimmung der integralen Wärmestromdichte und der wechselseitigen Beeinflussung von Wärmeströmen, Gießverlauf, Schrumpfung, Tapern, Gießpulver und der aus der Schmelzentemperatur resultierenden Keimdichte. Mit Hilfe von optischen Glasfasersensoren (Faser Bragg Gitter) werden die Temperaturprofile innerhalb der Kupferplatten einer Stranggießkokille erfasst und visualisiert. Diese können zum einen als Online-Überwachung und zum anderen zur Einstellung und Steuerung der Parameter (z.B. Taper) genutzt werden.

Im SFB 761 wurden methodisch neue Vorgehensweisen für das Design von Strukturwerkstoffen am Beispiel von hochmanganhaltigen Stählen erarbeitet. Teilbereich B untersucht dabei die Prozessentwicklung dieser Stähle mit variierenden Aluminium-, Mangan- und Kohlenstoffgehalten. Dieses Legierungssystem stellt aus metallurgischer Sicht einige Herausforderungen dar, insbesondere beim Vergießen. Die Hochtemperatureigenschaften dieser Werkstoffe werden neben Heizzugversuchen auch mithilfe des Hochtemperaturbiegesimulators untersucht, sodass Spannungen in den Gussblock mit noch flüssigem Kern induziert werden können. Weitere notwendige Kennwerte für die Simulation der mechanischen Belastungen wie die Fließspannung werden aus Flachstauchversuchen ermittelt.

Im Bereich der Forschung zur Rissbildung beim Stranggießen von Manganstählen ist die Forschungsgruppe im EU-Projekt PMAPIA „Precipitation of Micro Alloy Particles in B and Mn alloyed steel grades and their interaction between elements, segregation and defects during continuous casting“ aktiv. Grundlage hierfür bildet das Vorgängerprojekt PMAP, an dem sich der Lehrstuhl bereits mit Forschungen zu den Hochtemperatureigenschaften von hoch Mangan Stählen eingebracht hat.

Zusammen mit internationalen Partnern wird zur Bildung von Ausscheidungen unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen verschiedener Legierungselemente geforscht. Ziel des Projekts ist die Abstimmung der Stahlsorten auf die Gießparameter und letztendlich die Entwicklung von Richtlinien für den Strangguss rissanfälliger Manganstähle. Dazu werden im Labor Stahlsorten mit variierender Zusammensetzung hinsichtlich ihrer Mikrostruktur, Ausscheidungskinetik und Hochtemperatureigenschaften untersucht. Begleitend finden sowohl Industrieversuche als auch Modellierungen und Simulationen statt.

Für die genauere Untersuchung von Ausscheidungen wird am IEHK unter anderem ein speziell entwickelter Langsamerstarrungsofen (LEO) genutzt. Hier kann die Geschwindigkeit der Erstarrung eingestellt werden, um ein Gefüge mit sehr groben Dendriten und entsprechend großen Ausscheidungen zu erzeugen. So wird eine genaue Untersuchung gerichteter Körner und insbesondere der Phasengrenzen ermöglicht.

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