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Digitalisierung der Lehre an der Philosophischen Fakultät

Best Practice: Distanzprüfungen an der Philosophischen Fakultät

12. April 2021 | von

Wir haben Lehrende der Philosophischen Fakultät nach ihren Erfahrungen mit unterschiedlichen Formaten von Distanzprüfungen gefragt: Mit welchen Settings und Formaten haben Sie zuletzt gearbeitet? Was hat gut geklappt, was war schwierig? Einige kurze Erfahrungsberichte wollen wir hier präsentieren. Gerne nehmen wir auch Ihre Berichte noch entgegen.

Wichtige Informationen und Handreichungen rund um mögliche Lösungen für die Gestaltung und Durchführung von Fernprüfungen finden Sie auch auf den Seiten des CLS.

Prof. Thomas Niehr vom Lehr- und Forschungsgebiet Germanistische Sprachwissenschaft über seine Erfahrungen mit einer „Open-book-“ (vulgo: „Koffer-)Klausur“:

Nach dem Wintersemester 20/2021 waren ungefähr 300 Erstsemester der Sprach- und Kommunikationswissenschaft mit einer benoteten Klausur zu „versorgen“. Diese Klausur am Ende des ersten Semesters wird gewöhnlich als E-Klausur im Zuse-Lab geschrieben. Als Alternative in Zeiten der Pandemie haben wir uns für das besagte Open-book-Format entschieden: die Studierenden durften zuhause über Dynexite schreiben und dabei sowohl die in Moodle zur Verfügung gestellten Lehrmaterialien und Lehrbücher wie auch die üblichen Nachschlagewerke (Wikipedia & Co., Fachwörterbücher) verwenden. Sie wurden allerdings dazu angehalten, die verwendeten Quellen in ihren Klausuren kenntlich zu machen. Die Zeit zur Beantwortung der Fragen betrug 90 Minuten und wurde (insbesondere im Falle einer unterbrochenen Internet-Verbindung) von Dynexite überwacht. Eine persönliche Online-Aufsicht für eine solch große Gruppe schien uns wenig praktikabel und wurde deshalb nicht durchgeführt.

Um eine derartige Klausur zu einer sinnvollen Alternative zu herkömmlichen Klausuren zu machen, ist die Art der Fragestellung entscheidend: Reine Wissensfragen, die durch Googeln bzw. Nachschlagen beantwortet werden können, scheiden hier von vornherein aus. Folglich bedarf es eines Frageformats, das Transfer-Kompetenzen adressiert. Die Studierenden müssen also zeigen, dass sie das erworbene (bzw. nachgeschlagene) Wissen nicht nur reproduzieren, sondern auch anwenden können. So bietet es sich beispielsweise für die Linguistik an, einen Dialog vorzugeben, anhand dessen die Studierenden das Nichtgesagte (aber Mitgemeinte) identifizieren und in linguistischer Fachterminologie beschreiben sollen. Weiterhin lassen sich Kompetenzen in der Grammatik überprüfen, indem unterschiedliche Lesarten mehrdeutiger Sätze („Ich sehe den Mann mit dem Fernrohr“) anhand einer grammatischen Beschreibung verdeutlicht werden. Anhand der Abbildung eines Verkehrszeichens kann eine Klassifizierung verschiedener Zeichentypen gefordert werden. Derartige Aufgaben lassen sich für nahezu alle Teilgebiete der Linguistik in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden formulieren.

Die Erfahrung, die wir mit diesem Versuch gemacht haben, war insgesamt positiv: Es fielen nicht mehr Täuschungsversuche als bei Präsenzklausuren auf. Bei der Korrektur der Klausuren ergab sich hingegen eine interessante Erkenntnis: Es zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen denjenigen, die in der Lage sind, eine (komplexe) Fragestellung adäquat zu verstehen und ihre erworbenen Kompetenzen tatsächlich auf die Fragestellung anzuwenden, und denjenigen, die lediglich zur Reproduktion von Wissen in der Lage sind.

Abschließend lässt sich feststellen: Die Konzeption einer solchen Klausur stellt die Prüfenden vor größere Herausforderungen als die Konzeption einer „klassischen“ Klausur. Die zusätzliche Mühe lohnt sich jedoch, da man mit einer derartigen Klausur eine sinnvolle Alternative anbieten kann, die dazu geeignet ist, die für ein erfolgreiches Studium erforderlichen Kompetenzen unter Beweis zu stellen.


Prof. Thomas Bein über die Prüfungen in der Älteren deutschen Literatur:

Ich habe zwei Formate umgesetzt, beides hat gut funktioniert:

a) ‚Home-Klausur‘ zu Vorlesungen (unbenotet): Die Studierenden konnten sich in einem zeitlich festgelegten Fenster über Moodle eine Aufgabenstellung downloaden. Zur Beantwortung der Fragen und Bearbeitung der Aufgaben hatten sie ca. 1 Stunde Zeit. Dann mussten sie die ‚Lösungen‘ wieder hochladen. Die Aufgaben bestanden aus: Multiple Choice, Freitextaufgaben, Einsetzübungen, wobei darauf geachtet wurde, dass es Aufgaben waren, die man nicht rasch über Wikipedia erledigen konnte.

b) Mündliche Prüfungen über Zoom: Diese Prüfungen ersetzten in der Regel Klausuren. Technisch gab es keine Probleme, das Format wurde von den Studierenden gerne angenommen. Etwas aufwändiger ist freilich, dass es immer noch eine*n Beisitzer*in geben muss.


Dr. André Calero Valdez vom Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft:

Wir haben für eine Klausur mit 38 Teilnehmern, einen Moodle-Online eTest durchgeführt. Dabei war die hälfte des Tests ein Multiple-Choice Teil und die andere Hälfte Freitextaufgaben. Studierende haben den eTest mit dem Safe-Exam-Browser durchgeführt, so dass googeln oder chatten während des Tests unmöglich war. Zusätzlich haben wir Studierende darum gebeten, entsprechend der Vorgaben des Dezernats 5.0 in einen Zoom-Raum eingeladen. Diesen haben Studierende mit dem Mobiltelefon genutzt.

Für alle Studierende, die kein Zweitgerät hatten, oder wo der Safe-Exam Browser nicht funktioniert hat, haben wir in dem Zoom-Raum einzelne Break-out-Sessions eingerichtet mit jeweils einem Wissenschaftlichen Mitarbeiter als Betreuer. Diese Studierenden haben während der Prüfung ihren Screen geteilt. Alle anderen Studierenden wurden auf 4 Räume aufgeteilt mit jeweils einem WiMi-Betreuer. Wenn Fragen auftraten, haben die Betreuer ein drittes Chat-Programm genutzt, um zu kommunizieren, damit alle Studierenden auf dem gleichen Stand sind.
Dieser Ansatz hat sehr gut geklappt.
Nachteil: Hoher Aufwand in der Erstellung und Betreuung.
Vorteil: Sehr klausurähnliches Prüfungsformat, Studierende konnten asynchron mit der Klausur beginnen (kein Zeitdruck).
Wir haben vorher eine Übungsklausur mit den Studierenden durchgeführt, um die Funktionalität des Safe-Exam-Browsers zu testen.

Prüfungen wurden als Take-Home Exams mit stark eingeschränkter Täuschungskontrolle durchgeführt (bis zu 25 Studis in Zoom). Positiv zu nennen ist: Die Prüfungen sind alle ohne Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Keine nennenswerten Internetausfälle, einzelne Probleme mit Drucker und Scanner, die aber behoben werden konnten, keine Probleme mit dem Moodle-Upload, keinerlei negative Rückmeldungen der Studis zum Ablauf. Negativ zu bemerken ist: Die Prüfungen haben enorm viel Zeit gekostet und den normalen Tagesablauf im Institut zeitweise weitestgehend lahmgelegt. Die Vorbereitung der digitalen Varianten, die Meetings zur Bestimmung und Besprechung der Richtlinien vorab, die Probedurchläufe mit den Studis, die Durchführung mit teilweise knapp 10 Gruppen, jeweils mit „First Examiner“ und „Virtual Assistant“. In der Planung selbst, die manuelle Erstellung von randomisierten Versionen einer Multiple-Choice Klausur, die sonst über Dynexite reibungslos abläuft (und normalerweise auch korrigiert wird), um Täuschungsversuche möglichst gut zu unterbinden.

Fazit: Es hat alles wunderbar geklappt, hatte jedoch seinen Preis.

 

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