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RWTH-Schreibzentrum

Schlagwort: ‘Leichte Sprache’

Das Buch ist tot – Es lebe das Buch!

20. April 2017 | von

„Es geht uns mit Büchern wie mit den Menschen. Wir machen zwar viele Bekanntschaften, aber nur wenige erwählen wir zu unseren Freunden.“ (Ludwig Feuerbach)

Die Türglocke klingelt. Ein kleiner Raum, der durch seine deckenhohen Regale verwinkelt erscheint: Geheimnisvolle Atmosphäre. Wenig Platz für aufwendige Dekorationen und Nippes, dafür eine schier endlose Aneinanderreihung von Buchrücken. Zu viele, um sie auf einen Blick zu erfassen. Wer hier etwas auf die Schnelle sucht, muss einen der fachkundigen Buchhändler fragen. Alle anderen lädt die kleine aber feine Buchhandlung in Aachen zum Stöbern ein.

Fast die Hälfte des Buchumsatzes bestreitet der Sortimentsbuchhandel mit 48,2 Prozent. Dahinter positioniert sich mit 20,9 Prozent der Verkauf durch die Verlage. Internetbuchhandel nimmt in Deutschland 2015 lediglich 17,4 Prozent ein. Der durchschnittliche Ladenpreis eines gedruckten Buches liegt bei 14,95 Euro. Trotz gestiegener Medienkonkurrenz ist in den letzten zehn Jahren die Kaufkraft an gedruckten Büchern nahezu stabil geblieben. Eine Umfrage hat ergeben, dass der beliebteste Leseort das Sofa oder der Sessel ist.

Ein Durchgangszimmer. Beide Seiten mit Regalen verziert, die bis unter die Decke reichen. Auf ihnen stehen Buchrücken an Buchrücken aneinandergereiht. Der Anblick überwältigt, die Farbe an den Wänden ist nicht mehr zu erkennen. Zwei tiefe Sessel laden zum gemütlichen Verweilen ein. Gleich daneben bietet das Büro einen ähnlichen Anblick. Mit einer Ausnahme: Hier findet noch ein Schreibtisch Platz. Der Autor Christoph Leisten (56) schreibt seit 1996. Bisher hat er zwei Prosawerke und vier Gedichtbände beim Rimbaud-Verlag in Aachen veröffentlicht.

Die prächtige Glasfassade einer großen Buchhandelskette in Aachen bietet ein beeindruckendes Bild. Im Inneren fühlt man sich wie in einem Bienenstock. Überall herrscht reges Treiben, trotzdem findet man die nötige Ruhe, um entspannt die Regale entlangstreifen zu können. „Dass sich unsere Kunden wohlfühlen, ist uns sehr wichtig“, erläutert Benjamin Schell, Pressesprecher. Die zahlreichen Leseecken, das hauseigene Café oder die Arbeitsplätze auf der obersten Etage, überall kann man für eine Weile dem Alltagstrott entfliehen. Trotz der riesigen Auswahl sei das gedruckte Buch für die Buchhandlung immer noch das wichtigste Kulturgut, erklärt Schell. „Gedruckte Bücher erfinden sich immer wieder neu, weil sie mit der Zeit gehen.“

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels berichtet: „Bücher sind unverzichtbar für die Entwicklung unserer Gesellschaft und deren Ideale.“

Geschätzter Umsatz des deutschen Buchhandels stagniert in den letzten 15 Jahren zwischen 9,4 und 9,2 Mrd. Euro. Sind Verkaufsplattformen im Internet eine große Konkurrenz? Die große Buch-handlung in Aachen grenzt sich davon ab. „Wir sind persönlicher als das Internet“, erklärt Schell. Zwar bekomme man dort Buchvorschläge, aber diese seien nach bestimmten Logarithmen geschaltet und können keine kompetente Beratung durch einen fachkundigen Buchhändler ersetzen. Lyriker und Buchautor Christoph Leisten beurteilt die Lage so: „Große Ketten ziehen viel Laufkundschaft an, daher ist das Internet eher für sie eine Konkurrenz, wenn auch eine geringe.“ Kleine Buchläden aber seien durch dieses Angebot nicht bedroht, da sie einen soliden Kundenstamm haben. Woher er das so genau weiß? Als Student hat er in der Würselener Buchhandlung von Martin Schulz gejobbt.

Der Umschlag sieht aus wie ein Päckchen von DHL. Realistisch gestaltet, mit Absenderadresse und Barcode. Unten der Hinweis, es vor Regen zu schützen. Die Haptik: Für den Buchkäufer ein entscheidendes Kriterium. Wenn das Cover die Aufmerksamkeit erregt hat, ent-scheidet sich nach dem Lesen des Klappentextes, ob man das Buch kauft. Zuhause angekommen, reißt man „Das Paket“ von Sebastian Fitzek ungeduldig auf. Mit dem Geruch frischer Druckerschwärze in der Nase schlägt man das erste Kapitel einer neuen Welt auf.

Bis auf die Schiebetüren und den typischen Bankteppich zeugt in der Stadtbibliothek Köln Ehrenfeld nichts mehr davon, dass dieses Gebäude eine ehemalige Sparkassen-Filiale ist. Der Eingangsbe-reich ist großzügig angelegt. Mittig positioniert stehen DVDs. Auf der rechten Seite ist ein breites Angebot an Sachliteratur und Romanen zu finden. Links die gemütliche Kinderecke. In der Nische an der Wand sitzt ein Vater mit seiner vierjährigen Tochter zusammen mit dem Buch Ein Geburtstagsfest für Lieselotte. Aufgeregt trippelt ein zweijähriger Junge Richtung Bücherkiste. Für die ganz Kleinen gibt es extra dicke Pappbilderbücher.

„Gedruckte Bücher sind für mich Lebensbegleiter, sie sind von einer eigenen Aura umgeben, die ihre elektronische Version niemals haben kann“, erklärt Christoph Leisten.

Klein, handlich, kompakt: Der E-Book-Reader. Ob der Kindle von Amazon, die E-Ausleihe der Bibliotheken oder die i-Book-App von Apple: Sie alle machen es möglich, Bücher digital zu lesen. Mittlerweile kann man fast überall E-Book-Reader kaufen. „Im Vergleich zum gedruckten Buch, ist der E-Book-Verkauf relativ gering“, klärt Benjamin Schell auf.

Bücher digital zu lesen, hat Vorteile: Der Koffer für den Urlaub ist nicht mehr zu Dreiviertel mit Büchern vollgestopft, weil man sie bequem auf den Reader laden kann. Und abends im Bett braucht man kein zusätzliches Licht zum Lesen. Für Christoph Leisten sind E-Books rein pragmatisch. „Wenn ich reise, lade ich gerne Nachschlagewerke auf meinen Reader, damit ich sie nicht schleppen muss.“ Und Christoph Leisten reist oft. In Marokko war er bereits über vierzig Mal. Über seine Erfahrungen in diesem Land schreibt er in Marrakesch, Djemaa el Fna und Argana. Notizen aus Marokko.

„Eine gute Bibliothek ist immer eine Begegnungsstätte. Ich sage immer: Man kommt wegen der Medien und bleibt wegen der Menschen!“ Cordula Nötzelmann, Leiterin der Kölner Zweigstellen, beantwortet damit die Frage, warum die Bibliotheken so großen Zulauf haben. 2016 besuchten in Deutschland 119. Mio. Menschen öffentliche Bibliotheken und liehen dort 450. Mio. Medien aus.

Während die öffentlichen Bibliotheken mit einem vielfältigen Angebot an gedruckten Büchern und digitalen Medien punkten, hat sich die Deutsche Nationalbibliothek längst von ihren Büchern verabschiedet. Statt gedruckten Büchern stehen den Nutzern nur noch E-Books zur Verfügung. Argumente für die Umstrukturierung: Gedruckte Bücher wiesen irgendwann Gebrauchsspuren auf und Reparaturen seien kostspielig. Lieber verbannt man die wertvollen Artefakte in den Keller, wo ihnen keiner mehr Leid zufügen kann.

Bücher haben Charakter, gerade weil sie gelesen werden. Eine Stammkundin aus Köln Ehrenfeld erzählt: „Ich leihe hauptsächlich Koch- und Backbücher aus, weil ich gerne neue Dinge ausprobiere.“ Auf die Frage, warum sie diese nicht in der Buchhandlung kauft, gesteht sie mit einem verlegenen Grinsen, da stünden keine Anmerkungen drin. Für die Bibliotheken, egal ob öffentlich oder wissenschaftlich, ein altbekanntes Problem: Die Notizen am Rand.

Unscheinbare Kästen erobern das Land. Zwei Seiten aus Glas, der Rest umgeben von einer edlen, dunklen Holzvertäfelung, Viele Passanten laufen in Aachen um den mysteriösen Kasten Ecke Passstraße/Grüner Weg herum, aber dennoch an ihm vorbei. Die Meisten sind zu sehr mit ihren Smartphones beschäftigt. Von der Passstraße aus nähert sich eine etwa Siebzigjährige Dame mit ihrem Enkel. Der fünfjährige Junge hat seine dicke Wollmütze tief ins Gesicht gezogen. Als sie vor der Glasvitrine stehen bleiben, bilden sich vor ihren Gesichtern weiße Atemwolken. Was verbirgt der Kasten? Richtig, Bücher! Die Beiden stehen vor einem öffentlichen Bücherschrank. Darin findet sich eine breite Auswahl: Hemingway neben Rosamunde Pilcher, Emilia Galotti neben Harry Potter.

Das Projekt der öffentlichen Bücherschränke wird in Aachen seit Winter 2012 von der IG Aachener Portal e.V. gefördert. Damit wird Menschen kostenlos Literatur zur Verfügung gestellt. Vor allem sozial Benachteiligte haben so die Möglichkeit an Lesestoff zu gelangen. Das Projekt lebt ausschließlich durch die Partizipation der Nutzer. Wer ein Buch mitnimmt, kann es entweder zurückbringen oder ein anderes, lesenswertes Buch hineinstellen.

„Einige Bücher verlieren mit der Zeit ihre Bedeutung, einige bleiben bedeutend und andere gewinnen ihre Bedeutung erst nach Jahren“, so Leisten. Bücher seien Auslöser für Erinnerungen und Emotionen, erklärt er und sagt, dass er kein Buch weggeben kann. Für ihn sind seine Bücher ein Stück seiner Seele.

Personennahverkehr in Hamburg. Menschen aller Altersklassen tummeln sich in den VHH-Bussen. Einige von ihnen müssen zur Schule, andere haben Termine beim Arzt oder müssen zur Arbeit. In vielen Städten schauen Fahrgäste gelangweilt aus den Fenstern und sind dem gewöhnungsbedürftigen Musikgeschmack ihrer Nachbarn ausgeliefert. Nicht so in den Hamburger Bussen. Gleich hinter der Fahrerkabine ist ein rotes Regal montiert. Darauf stehen Bücher, die während der Fahrt von den Fahrgästen gelesen werden dürfen. Und auch darüber hinaus dürfen die Bücher genutzt werden: Ähnlich wie bei den Bücherschränken, funktioniert das System der sogenannten „Buchhaltestellen“. Das Gebrauchtwarenkaufhaus STILBRUCH hat die Bücherbusse ins Leben gerufen. Seit 2010 existiert die Kooperation mit der VHH, die mittlerweile über 100 Buchhaltestellen installiert hat.

„Wenn du nicht all deine Bücher lesen kannst, dann nehme sie wenigstens zur Hand, streichle ein wenig über sie, schau’ etwas hinein, lasse sie irgendwo auffallen und lese die ersten Sätze, auf die dein Auge fällt, stelle sie selbst aufs Bord zurück, ordne sie nach deinen Vorstellungen so, daß du wenigstens weißt, wo sie sind. Lass’ sie deine Freunde ein; lasse sie auf alle Fälle deine Bekannten sein.“ (Winston Churchill)

Aachen. Hier findet jährlich im September die COMICADE-Messe statt. Das Besondere: Mehr als fünfzig hochkarätige Comic-Zeichner lassen sich vor Ort bei der Arbeit über die Schulter schauen. Und Kreative dürfen in Zeichenkursen ihr Können unter Beweis stellen. Auf Buchmessen kann man in die faszinierende Welt der Literatur eintauchen. Das Angebot ist nicht nur auf Bücher beschränkt. Im Programm: Lesungen, Vorträge und Preisverleihungen. Messen sind nicht nur für Verleger, Agenten und Buchhändler interessant, sondern auch für Leser.

Zuversicht in die Leser hat die Vertrauensbibliothek auf der Insel Langeoog seit vielen Jahren. Einheimische und Touristen können sich hier sprichwörtlich bedienen. So kann man seinen Urlaub entspannt mit unvorhergesehener Leselektüre erweitern. Es wird darauf vertraut, dass die Bücher ihren Weg zurück finden. Dank um-fangreicher Schenkungen umfasst der Be-stand rund 3000 Bücher.

„Ich mag es, wenn man Büchern ansieht, dass sie gelesen worden sind. Das macht ihren persönlichen Charme aus“, erzählt Benjamin Schell.

Freitag 13.00 Uhr. Das Kloster in Sankt Augustin öffnet seine Tore. Ein riesiger Raum mit einer gewölbten Decke erstreckt sich. Es riecht nach Staub und Papier. Die Gänge sind schmal, teilweise verwinkelt. Auf jeder Seite Regale, vollgestopft mit Büchern. Auf dem Bücherflohmarkt der Steyler Missionare kann man jeden Freitag von 13. bis 16. Uhr Bücher zum Kilopreis ergattern. Hauptsächlich Theologie und Kirchengeschichte, aber auch an Romanen und Sachbüchern mangelt es nicht. In der Kinderecke jubelt ein zehnjähriger Junge und läuft aufgeregt zu seiner Mutter, die nicht weit entfernt bei den Kochbüchern steht: In seinen Händen Der Räuber Hotzenplotz. Die Einnahmen spendet das Kloster an gemeinnützige Organisationen weltweit. So versucht das Kloster die Welt durch Bücher ein Stückchen besser machen. Ein Besuch lohnt sich allemal.

Bücher zu lesen, erweitert den Horizont. Nicht umsonst heißt es: „Lesen bildet!“ Bücher entführen den Leser in andere Welten. Sie sind Lebensbegleiter, ob nun beim Aufschlagen oder Zuklappen eines Kapitels. Ihre Art und Weise Geschichten zu erzählen und damit den Leser zu faszinieren, wird niemals aussterben. Es lebe das Buch!

5 spannende Fragen über Bücher:

Wie viele Seiten muss ein Buch haben, um ein Buch zu sein? 49 Seiten, das hat die UNESCO beschlossen!

Was ist das teuerste Buch und wem gehört es? Der Codex Leichester von Leonardo da Vinci. Bill Gates hat es 1994 gekauft. Heute liegt der geschätzte Wert des Buches bei 49 Mio. US-Dollar.

Was ist das meistverkaufte Buch aller Zeiten? Die Bibel mit bis zu 6 Mrd. Ausgaben.

Welches Buch wird am häufigsten gestohlen? Das Guinness Buch der Rekorde.

Was war das erste Buch, das auf einer Schreibmaschine geschrieben wurde? „Tom Sawyers Abenteuer“ von Mark Twain entstand 1874 als erstes Buch auf der Schreibmaschine.

Werke von Christoph Leisten:

▶ Argana. Notizen aus Marokko (Prosawerk) 2016
▶ bis zur schwerelosigkeit. (Gedichte) 2010
▶ der mond vergebens. (Gedichte aus zehn Jahren) 2006
▶ Marrakesch, Djemaa el Fna (Prosawerk) 2005
▶ In diesem licht. (Gedichte) 2003
▶ Entfernte Nähe. (Gedichte) 2001

 

Einen Moment, bitte

27. März 2017 | von

Momente auf Knopfdruck? Die Kurzgeschichten von Lukas Cremer, lanjähriger Teilnehmer unseres Oberseminars Texte in Arbeit, entwickeln sich langsam aber sicher zu einem ganz eigenem Genre. Hier eine seiner vielen Kürzestgeschichten aus dem letzten Wintersemester.


Stella lehnt sich vor und legt ihre Hand liebkosend in Timons Nacken. Ein Blick in seine moosgrünen Augen verrät ihr alles, was sie wissen will. Bis jetzt war es nur tollkühne Fantasie, nicht wahrhaftig, aber auch nicht zu leugnen. All das ändert sich im unendlichen Zeitpunkt, in dem sich ihre Lippen treffen.

Momentmacher Mark lehnte sich entspannt zurück und räkelte sich in seinem Stuhl. Sein 100. Angebot wurde schon vor der Mittagspause angenommen. Und dann auch noch ein erster Kuss. Die waren ihm eindeutig am liebsten. Stella und Timon hatte er aber auch schon wirklich mehr als genug Momente verschafft. Doch die Freude darüber, dass sie diesen einen Moment nicht hatten verstreichen lassen, machte alle Mühen mehr als wett. „Du hast doch wieder zwei zusammengebracht, so selbstgefällig, wie du da rumlümmelst!“, wurde Mark von seinem Kollegen Lars aufgezogen.
„Ich hab’ hier niemanden zusammengebracht!“, schoss Mark mit einem breiten Grinsen im Gesicht zurück. „Ich mache hier ausschließlich Gelegenheiten bewusst … Okay, du hast Recht“, räumte er ein, „die zwei waren längst überfällig. Worauf hast du heute so Lust?“
„Pass mal gut auf. Guck dir an, was für ’ne Serie der Meister jetzt hinlegt! Deine ersten Küsse toppe ich doch locker!“

Pascal hängt, die Ski bereits angeschnallt, an der eiskalten Kufe eines Helikopters.
„Jetzt oder nie!“, schießt es ihm durch den Kopf. Zweimal schon hat er sich nicht weiter getraut, aber heute ist ganz allein sein Tag. Mit einem langgezogenen Urschrei lässt er sich die Meter bis zum Tiefschnee fallen.

Pierre steht vor dem Regal im Supermarkt. An dieser Stelle hat er bereits x-mal den Weißtoast in den Einkaufswagen geladen. Als er jetzt so dasteht, weiß er gar nicht mehr genau, warum eigentlich. Irgendwie ist ihm heute nach irgendwas anderem zumute. Der Wagen leistet mehr Widerstand als sonst, als Pierre ihn wieder anschiebt. Doch die Entscheidung ist gefallen. Ohne zu wissen, was er morgen frühstücken wird, trottet er leise pfeifend davon.

Tanja wirft den schrillenden Wecker an die Wand. Sie wird heute ausschlafen. Und morgen auch. Und überhaupt. Der Job hat ihre Freunde, ihre Gesundheit, ihr Leben gefressen. Das einzige, was sie heute außer Ausschlafen tun wird, ist kündigen.

Lars lachte laut auf. „Das macht mir auch immer wieder Spaß!“, grölte er. „Davon biete ich heute auf jeden Fall noch mehr an! Aber jetzt kommt erstmal noch ein ganz besonderer. Ich bin gespannt, was passiert.“

Lukas nimmt den Stift in die Hand und starrt gedankenverloren auf das weiße Blatt Papier. Er kann alles schreiben. Alles.

„Barrierefreie Sprache“ – Texten der Zukunft?

30. Juli 2013 | von

Barrierefreie Sprache – eigentlich ein Paradoxon, wenn man bedenkt, dass es bei diesem Thema gerade darum geht, schwer verständliche Wörter zu vermeiden. Und der abstrakte Begriff Paradoxon darf in einem Satz auf Leichte Sprache, wie man diesen Schreibstil noch nennt, garantiert auch nicht vorkommen. Ebensowenig ist kursive Schrift erwünscht, denn Texte sollten übersichtlich gestaltet werden. Der Konjunktiv ist auch tabu und Fremdwörter müssen stets erklärt werden. Kurzum: Einfach zu schreiben ist nicht immer einfach.

Insbesondere betrifft dieses Thema Menschen, die ohnehin Schwierigkeiten haben, Texte zu erfassen – beispielsweise aufgrund einer Behinderung oder eines Migrationshintergrundes. Vor knapp zehn Jahren wurde von der Lebenshilfe Bremen deshalb das erste Büro für Leichte Sprache in der Bundesrepublik eröffnet. Wichtigstes Ziel: Textverständlichkeit für alle schaffen.

Moritz Kohl hat sich in einem ZEIT-Artikel mit diesem Problem beschäftigt: Denn Sätze so simpel aufzubauen, dass sich jedem Leser unmittelbar der Sinn erschließt, berührt unser aller Alltag. Ein Gang zum Amt, ein Blick ins Gesetzbuch, ein paar Zeilen aus einem Fachtext – das kann für viele Menschen zur Qual werden, weil sie über sprachliche Hürden stolpern. Forderungen weg vom „Behördendeutsch“ hin zu einem Kommunikationsweg, der allen Menschen zugänglich ist, werden lauter.

Gerade im universitären Bereich ist diese sprachliche Vereinfachung allerdings meist schwer umzusetzen, da sich viele Begriffsinhalte nicht radikal herunterbrechen lassen, ein Wort oft verschiedene Definitionen innehat. Von Studierenden wird daher ein gutes Textverständnis schlichtweg vorausgesetzt. Natürlich gehört eine gewisse Textkompetenz zu jedem Studium, allerdings müssen den Studierenden auch geeignete Wege aufgezeigt werden, diese zu erwerben. Völlig außer Acht lassen sollten Lehrende dieses Thema jedenfalls nicht. Bei jedem Fachtext gibt es zumindest die Möglichkeit, Geschriebenes auf eine leserfreundliche Grammatik zu überprüfen, anstatt sein Wissen in Schachtelsätzen zu verstecken. Oft reicht der Leitspruch: Fasse dich möglichst kurz! Kein Mensch liest Sätze gerne mehrmals.

Wir entschuldigen uns für diesen nicht-barrierefreien – aber hoffentlich dennoch verständlichen – Beitrag und träumen von einer Zukunft, in der auch Formulare für die Steuererklärung auf  Leichte Sprache verfügbar sind.

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