Archiv für Juni 2025
ePA: Kritik, Fortschritte und Zukunftsperspektiven
Die elektronische Patientenakte (ePA) wurde vor rund sechs Monaten zunächst in Testgebieten und seit Ende April bundesweit eingeführt. Beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit (HSK) in Berlin zogen Experten aus der Medizin und Zivilgesellschaft eine nicht einheitliche Zwischenbilanz. Dr. Florian Fuhrmann von der gematik, die für die Digitalisierung im Gesundheitswesen verantwortlich ist, äußerte Zufriedenheit mit dem bisherigen Verlauf. Seine Beurteilung wurde von zwei Ärzten gestützt.
Kritik kam unter anderem von Dr. Sybille Steiner von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Sie bemängelte fehlende Funktionen wie eine Volltextsuche, da aktuell nur PDF-Dateien hochgeladen werden können, was die Arbeit erschwert. Zudem seien noch rund 20 Prozent der Ärztinnen und Ärzte von der ePA ausgeschlossen, da ihnen die notwendigen Module in den Praxisverwaltungssystemen (PVS) fehlen oder noch nicht freigeschaltet wurden.
Auch Bianca Kastl vom Chaos Computer Club (CCC) äußerte sich kritisch und bezeichnete den Start als „ausbaufähig“. Der CCC hatte bereits zuvor auf Sicherheitslücken hingewiesen.
Ab dem 1. Oktober soll die Nutzung der ePA verpflichtend für alle Arztpraxen sein. Problematisch ist, dass es in Deutschland rund 130 PVS-Anbieter gibt, deren Systeme nicht alle mit der ePA kompatibel sind. Die gematik plant daher eine Konformitätsbewertung – nur zertifizierte Systeme sollen künftig abrechnungsfähig sein.
Fuhrmann sieht die ePA in fünf Jahren im medizinischen Alltag fest verankert. Langfristig könne auch Künstliche Intelligenz integriert werden, um Informationen automatisch zu bündeln – vorausgesetzt, der Gesetzgeber schafft passende Rahmenbedingungen.
(zuletzt aufgerufen 27.06)
EuGH: Polnisches Apothekenverbot verstößt gegen EU-Recht
Am 19. Juni 2025 wurde vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass das Werbeverbot für Apotheken in Polen, das seit 2012 besteht, gegen das EU-Recht verstößt (Rechtssache C-200/24). Apotheken können nach dem polnischen Arzneimittelgesetz nur eingeschränkt über ihren Standort und ihre Öffnungszeiten informiert werden. Eine kommerzielle Kommunikation, vor allem im Internet, ist verboten und mit Geldstrafe belegt. Eine Verletzung mehrerer Grundfreiheiten der EU, wie der freie Dienstleistungsverkehr, die Niederlassungsfreiheit und die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, wurde von der Europäischen Kommission festgestellt. Diese Einschätzung wurde vom EuGH bestätigt und die Klage der Kommission wurde vollständig zurückgewiesen. Da die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr reglementierten Berufen wie Apothekern grundsätzlich erlaubt, ihre Dienstleistungen online zu bewerben, hält das Gericht das allgemeine Werbeverbot für eine unzulässige Einschränkung. Die nationalen Vorschriften können zwar bestimmte Inhalte festlegen, aber sie dürfen nicht zu einem allgemeinen Verbot führen.
Der EuGH wies die Argumentation Polens zurück, dass das Verbot nur auf Apotheker und Apothekerinnen anwendbar sei, die in einer Apotheke tätig seien. Da die Regelung auf mehr als zwei Drittel der Apotheker in Polen Anwendung findet, ist sie mit dem EU-Recht nicht vereinbar. Auch der Zugang ausländischer Apotheker zum polnischen Markt werde durch das Verbot behindert und ihre Chancen, sich potenziellen Kunden bekannt zu machen, würden eingeschränkt.
Aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder zur Sicherung der beruflichen Unabhängigkeit der Apotheker konnte Polen ebenfalls keine überzeugende Begründung für das Verbot vorbringen. Der EuGH wies darauf hin, dass berufsrechtliche Vorschriften kein generelles Werbeverbot bewirken dürfen.
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/eugh-C20024-werbeverbot-apotheken-polen
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/werbeverbot-fuer-apotheken-verstoesst-gegen-eu-recht-156830/
(zuletzt aufgerufen 19.06)
Rezeptfälschungen im Trend: Abnehmspritzen als Tatmotiv
Das zunehmende Interesse an Schlankheitsmitteln wie Ozempic, Wegovy und Mounjaro, die ursprünglich zur Diabetesbehandlung entwickelt worden waren, führt auch zu einer Zunahme gefälschter ärztlicher Rezepte in Deutschland. Das Bundeskriminalamt (BKA) sowie das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen melden einen markanten Zuwachs solcher Delikte. Im letzten Jahr wurden in Niedersachsen hohe dreistellige Fallzahlen verzeichnet, was einen erheblichen Anstieg im Vergleich zu den niedrigen dreistelligen Zahlen des Vorjahres darstellt. Auch auf nationaler Ebene versuchen Kriminelle, gefälschte Rezepte einzulösen. Die genauen Zahlen können jedoch aufgrund noch andauernder Ermittlungen schwanken.
In Bremen sind ähnliche Fälle bekannt, obwohl dort keine systematische Erfassung stattfindet. Die Polizei führt im laufenden Jahr Ermittlungen in sechs Fällen wegen Rezeptfälschungen für Abnehmspritzen durch. Solche Taten werden als Urkundenfälschung sowie als Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz klassifiziert. Apothekerkammern sensibilisieren Apotheken, wenn Muster erkennbar sind.
Die Apothekerkammer Niedersachsen berichtet, dass Apotheken regelmäßig verdächtige Papierrezepte für Antidiabetika melden. Fälschungen erkennen Apotheker, die gesetzlich zur Prüfung verpflichtet sind, häufig an Unregelmäßigkeiten wie einer ungewohnten Handschrift, fehlerhaften Aufdrucken oder verdächtigen Arzneimitteln.
Die Zunahme gefälschter Rezepte wird vom BKA auf die steigende Nachfrage, den begrenzten legalen Zugang und die hohen Preise dieser Medikamente zurückgeführt. Es gibt allerdings keine zentrale Statistik. Die Behörden fordern Wachsamkeit, da es nicht nur um wirtschaftlichen Betrug geht, sondern auch erhebliche gesundheitliche Risiken für Patienten bestehen können.
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/bundeskriminalamt-warnt-vor-mehr-rezeptfaelschungen-156653/
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/panorama/rezeptfaelschungen-bka-schlaegt-alarm/#
(zuletzt aufgerufen 12.06.2025)
ePA im Praxistest: Arzt warnt vor ungewollter Transparenz
Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) in Deutschland erfolgt seit Ende April schrittweise, und ab Oktober 2025 wird ihre Nutzung für alle Leistungserbringer verpflichtend sein. Das zentrale Anliegen ist es, medizinische Informationen an einem Ort zu speichern. Dies soll dazu dienen, Ärzten eine bessere Übersicht über den Gesundheitszustand der Patienten zu bieten und überflüssige Behandlungen sowie Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln zu verhindern.
Allerdings zeigen erste Erfahrungen auch problematische Aspekte: Andreas Jepsen-Föge, ein Gynäkologe aus Lahnstein, warnt vor dem Umfang sensibler Daten, die in der ePA verfügbar sind. Damit konnte er beispielsweise Zahnarztbehandlungen, Apothekeneinkäufe oder frühere Arztbesuche seiner Patientinnen nachvollziehen – auch wenn diese Daten für seine Behandlung nicht von Bedeutung waren. In einem Fall wurde offensichtlich, dass eine Patientin nicht die Wahrheit gesagt hatte, als sie angab, die Krebsvorsorge verpasst zu haben.
In einem weiteren Fall beinhaltete die Akte Angaben zu sexuellem Missbrauch, über die die Patientin ihm gegenüber keine Informationen geben wollte.
Jepsen-Föge übt Kritik daran, dass zahlreiche Patienten nicht informiert seien über die Inhalte ihrer ePA und die Personen, die Zugang dazu haben. So sei es möglich, dass Patientinnen und Patienten über die ePA-App bestimmen, welche Daten gespeichert oder angezeigt werden sollen, und einzelne Befunde zu löschen oder zu verschatten. Der Zugriff auf bestimmte Praxen könne ebenfalls eingeschränkt werden. Der Arzt bezweifelt jedoch, dass viele von diesen Möglichkeiten Kenntnis haben oder sie in Anspruch nehmen.
Er steht der neuen Transparenz grundsätzlich positiv gegenüber, insbesondere was die oft unbekannte Vergütung ärztlicher Leistungen betrifft. Er fordert jedoch eine intensivere Auseinandersetzung mit den Themen Datenschutz, persönliche Kontrollmöglichkeiten und die automatische Speicherung sensibler Gesundheitsdaten in der ePA, um unangenehme oder belastende Situationen zu verhindern.
(zuletzt aufgerufen 30.05)
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/verraet-die-epa-zu-viel-156482
(zuletzt aufgerufen 03.06)
Gefahr für Medikamente bei Sommerhitze
Zum Hitzeaktionstag am 4. Juni informiert die Bundesapothekerkammer, dass Apotheken gut auf die Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten bei hohen Temperaturen vorbereitet sind. Hitzewellen können sowohl die Wirkung als auch die Haltbarkeit von Medikamenten beeinflussen. Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Bundesapothekerkammer, warnt davor, dass sich bei anhaltender Hitze die Wirkung von Arzneimitteln im Körper verändern kann, wodurch eine individuelle Dosisanpassung notwendig werden könne. Zugleich könnten Medikamente durch falsche Lagerung bei zu hohen Temperaturen unbrauchbar werden.
Besonders betroffen sind Medikamente wie Entwässerungsmittel, Blutdrucksenker und Schlaf- oder Abführmittel, da sie den Flüssigkeitshaushalt und die Thermoregulation des Körpers beeinflussen. Bei starkem Schwitzen kann die Wirkung verstärkt auftreten. Auch bei arzneimittelhaltigen Pflastern kann durch die stärkere Hautdurchblutung bei Hitze mehr Wirkstoff ins Blut gelangen, was das Risiko für Nebenwirkungen erhöht.
Für Apotheken gilt, dass Arzneimittel bei höchstens 25 Grad gelagert werden dürfen. Die meisten Medikamente überstehen einen Transport nach Hause an warmen Tagen gut, sollten aber dauerhaft nicht über 25 Grad gelagert werden. Kühlpflichtige Medikamente, wie Insuline, müssen laut Verpackung zwischen 2 und 8 Grad aufbewahrt werden.
Einmal überhitzte Medikamente sollten nicht mehr verwendet werden – auch nach dem Abkühlen nicht, da viele Schäden unsichtbar bleiben. Manche Veränderungen, wie das Schmelzen von Zäpfchen, sind jedoch sichtbar. Andere, wie veränderte Dosiergenauigkeit bei Asthmasprays, können unbemerkt bleiben, wenn diese in der direkten Sonne gelagert wurden. Apotheken bieten hierzu eine persönliche Beratung an, um Risiken vorzubeugen.
(zuletzt aufgerufen 03.06.2025)